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"Gabe Gottes, die wir genießen"

  • Die Kirche in Harju Risti: Sie ist rund 700 Jahre alt.
  • Verbindungen schaffen: (v.r.) Marge Kaljuvee, Marko Palveer, Meelis Süld und Anneli Pärlin tauschen sich mit Gastgeberin Renate Ahlmann aus Sehestedt aus.
  • Die Kleiderkammer der Gemeinde: Hier werden alle Spenden geordnet und sortiert und dann verteilt. Vor allem in den ersten Jahren der Partnerschaft war die Spende von Kleidung und haushaltsgegenstände wichtig. Foto: Wolfgang Henze
  • Pastorin Annika Laats freut sich mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden über ihren besonderen Tag.
  • Sie ist die Pastorin der Gemeinde: Annika Laats. Foto: Wolfgang Henze

Die Partnerschaft zwischen Sehestedt und Harju-Risti lebt immer wieder von persönlichen Begegnungen und gemeinsamen Erfahrungen.Im Rahmen der Beziehung nach Estland gibt es langjährige Kontakte zwischen der estnischen evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Risti und der Kirchengemeinde Sehestedt. Heute berichtet Annika Laats, Pastorin der Kirchengemeinde Risti, in der Reihe "Ökumene - miteinander verbunden" der Ökumenischen Arbeitsstelle über die Entstehung der Partnerschaft und die aktuellen Herausforderungen.

Der Kontakt zwischen der Gemeinde Sehestedt in Rendsburg-Eckernförde auf deutscher Seite und unsere Gemeinde Risti (auf Deutsch ,,Kreuz’’) in Estland besteht schon seit 30 Jahren. Das ist eine wunderbare Gabe Gottes, die wir genießen und pflegen dürfen.

Eine Partnerschaft kann nicht auf Papier und elektronischen Files existieren. Es kann bestehen und wachsen nur mit Engagement von begeisterten, tapferen Menschen. Eine solche wohnt in Sehestedt. Sie heißt Renate Ahlmann. Selten habe ich jemanden getroffen, bei der das Herz, das Gewissen, ein tiefer Glaube, ein klares Denken und praktisches Lebenshandeln so wunderbar im Einklang sind. Sie und andere Gemeindeglieder von Sehestedt haben uns jahr­zehntelang sehr viel geholfen.

In den  90er Jahren des letzten Jahrhunderts war die Hilfe oft ganz praktisch. Nach der sowjetischen Zeit war die Not in Estland ganz groß. Viele Jahre sammelten die deutschen Freundinnen und Freunde Lebensmittel, Textil- und Haushaltswaren, verpackten sie und schickten sie nach Estland. Auch finanzielle Hilfe war wichtig. Die Gemeinde war klein und bestand meistens aus alten armen Leuten. In Estland sind die Gemeinden finanziell selb­ständig. Das bedeutet, dass auch die Pastorinnen und Pastoren von den Gemeinden bezahlt werden. Alles, was die Gemeinde macht oder baut, muss durch freiwillige Spenden ab­gedeckt werden. Unsere Freunde aus Deutschland haben uns viel geholfen, damit wir auf die Beine kommen konnten.

Im Laufe der Zeit wurden persönliche Treffen immer wichtiger. Es gibt etwa ein Dutzend Esten, die Sehestedt und Eckenförde besucht haben und die am Kirchentag teilnehmen konnten. Fast 20 Deutsche haben uns in den letzten zehn Jahren in Risti und Tallinn besucht. Aus diesen Begegnungen entstanden langjährige Kontakte und Freundschaften. Wir haben deutsche Kultur und Lebensstil kennen gelernt, wir wissen, wie Sabine lacht und wie lustig Maltes Witze sind, wie groß die Herzensgüte von Renate und Meike ist und wie wichtig für Sebastian Fußball ist. Wir dürfen euch lieb haben!

Lange konnten wir nicht glauben, dass die Deutschen auch etwas von uns lernen konnten. Es schien nur eine Höflichkeit zu sein, als die Freunde uns sagten, dass diese Partnerschaft für beide Seiten bereichernd sei. Doch es kann sein, dass wir, die wir seit langer Zeit in wirt­schaft­licher Not waren und eher einer Partisanenkirche ohne große Institution und strenge Regeln ähneln, mehr aus der Situation heraus und mit Spontanität zu handeln und zu reagieren haben. Die meisten unserer Gemeindeglieder sind als Erwachsene getauft. Sie haben keine lange Tradition, in die Kirche zu gehen. Einerseits ist es bedauerlich, denn der Glaube ist noch schwach und wankend. Andererseits hat das aber auch Vorteile. Diejenigen, die sich der Kirche anschließen, machen das aus ihrem eigenen persönlichen Interesse und aufgrund ihrer eigenen Überlegungen, nicht aus Gewohnheit. Manche von diesen sind höchst motiviert, im Gemeindeleben mit zu arbeiten, denn es bedeutet für sie eine Möglichkeit, in einer ganz neuen Weise im Verbindung mit Gott zu leben.

In der Corona-Zeit fehlt uns allen die Gemeinschaft, die wir miteinander bisher gehabt haben. Seit Mai sind die Gottesdienste in unseren Kirchen wieder erlaubt und wir können draußen auch wieder unseren Kirchenkaffee haben. Auf Treffen mit unseren deutschen Freundinnen und Freunden müssen wir jedoch noch warten. Digitale Lösungen können nur einen Notfallersatz für Live-Kontakte bieten. Deshalb sagen wir in der Hoffnung auf neue Treffen ,,Auf Wiedersehen!’’ - ,,Nägemiseni!’’ Bis bald!

(Annika Laats, Pastorin in der estnischen evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Risti)

 

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