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Ein erfolgreicher Kampf um die Zeit

  • Momo und die Kinder.
  • Frau Fusi und die Grauen Herren (Foto: Robbert Arndt)
  • Zeit-Demonstration.
  • Momo und Kassiopeia (Foto: Robbert Arndt)
  • Momo und die Grauen Herren. Es wird kalt.

Eckernförde - Die Suche nach der Zeit ist zeitlos. So wie die Geschichte von Momo, die Michael Ende vor knapp 50 Jahren veröffentlich hat. Wie aktuell das Thema ist, bewiesen die Schauspielerinnen und Schauspieler der inklusiven Theaterwoche der Tourismuskirche Eckernförde. Sie brachten „Momo & die Zeit“ in einer Bearbeitung von Vita Huber auf die Bühne.

Wer hat heute Zeit? Vor allem für die Kinder? Welche Zeiträuber gibt es? Bei Momo sind es die Grauen Herren, die den Menschen die Zeit nehmen und in ihrer Zeitsparkasse speichern. Auf was passt dieses Bild heute? Die Symbole, die Bilder, die Visionen im Stück Momo helfen den Zuschauern, sich selbst Gedanken zu machen.

Und natürlich hilft auch das Schauspiel auf der Bühne. Denn die 17 Darstellerinnen und Darsteller nahmen sich Zeit. Immerhin eine Woche lang erarbeiteten sie sich das Stück, verteilten Rollen, lernten Texte. Am Ende brachten sie es gemeinsam mit den Theaterpädagoginnen Claudia Gottuk-Brede und Anja Beatrice Kaul auf die Bühne. Einige der Teilnehmenden sind bereits seit Jahren dabei, einige zum ersten Mal. Dazu kommt der inklusive Charakter des Workshops. Auf der Bühne stehen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Manche davon sichtbar, manche unsichtbar. Alle arbeiten gemeinsam.

In den anderthalb Stunden, in denen die Geschichte von Momo erzählt wird, agiert die Gruppe als Einheit. Der Text sitzt, zumindest meistens. Wenn geholfen werden muss, geschieht dies unmerklich. Die Positionen und die Interaktion auf der Bühne sitzen. Das eindrückliche, beängstigende Thema kommt so zur Geltung. Die Grauen Herren schleichen um die Menschen und versprechen ihnen, sie von der unnützen Zeit zu befreien. „Wollen Sie nicht anfangen, Zeit zu sparen?“, fragen sie Frau Fusi, die in ihrem Friseursalon auf der Bühne arbeitet. Sie rechnen vor, wie viele Sekunden ein Tag hat, ein Jahr, ein Menschenleben. Und sie sprechen von Zeitverschwendung, von verlorener Zeit. Warum denn Lesen, Kino, Freunde? Die Zeit könnte sie sparen. Und die grauen Herren überzeugen sie. Und schließlich auch die anderen. Bis auf Momo.

Momo kennt zwar ihre eigene Geschichte nicht, dafür kann sie zuhören. Und sie ist für ihre Freunde da. Zunächst treffen sich die Kinder auf der Bühne, überlegen, warum niemand Zeit für sie hat. Später demonstrieren sie dafür, dass die Erwachsenen sich wieder Zeit für sie nehmen. Mit Plakaten, Schlachtrufen und Musik erzeugen die Schauspielerinnen und Schauspieler eine Proteststimmung und machen die ganze Stadthalle zur Bühne. Aber der Protest verpufft, es bleibt niemand übrig. Alle sparen Geld, legen Zeitsparkonten an, lassen sich von den Grauen Herren verführen und werden so zu den rastlosen Menschen unserer Zeit.

Dagegen steht Momo. Sie kann die Zeit zurückholen. Sie lernt die Schildkröte Kassiopeia kennen, die sie zum Verwalter der Zeit führt, zu Meister Hora. Zwischen all den Uhren – projiziert auf eine Leinwand – mit übergroßer Strickjacke und Fliege fällt er schon in seinem Auftreten aus der Zeit. Und das passt. Meister Hora hält die Zeit an, damit Momo die Grauen Herren überwinden und den Menschen die Zeit zurückgeben kann. Im Stück gelingt es. Wie aber steht es um Michael Endes Utopie außerhalb von Buch und Bühne? „Das alles kann auch erst morgen oder in einem Jahr geschehen“, heißt es am Ende der märchenhaften Erzählung. Das Publikum muss sich seinen eigenen Reim darauf machen.

Am Ende erhalten die Darstellerinnen und Darsteller aber auch Regie und Technik den verdienten Applaus. Tourismuspastorin Brigitte Gottuk, die selbst mit auf der Bühne stand, dankt allen Beteiligten und besonders auch den Sponsoren und Geldgebern. Finanziert hat den Workshop anderem das Aufholpaket des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zusammen mit der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V., Immobilien Zastrow, die Wittenseer Quelle, die Gemeinde Windeby, Familia und die Stadt Eckernförde. Auch am Ausgang wird gesammelt. Brigitte Gottuk bittet, wenn möglich, um eine leise Spende. Geldscheine klimpern nicht. Damit dieses tolle und hoch professionelle Angebot auch im nächsten Jahr weitergeht. 

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